Monoklo­nale Gammo­pathien

Die International Myeloma Working Group (IMWG) vollzog im Jahr 2014 mit den aktualisierten Kriterien für die Diagnose eines Multiplen Myeloms einen Paradigmenwechsel1,2. Die klassischen CRAB-Kriterien (Hyperkalzämie, Niereninsuffizienz, Anämie, Knochenläsionen) wurden mit Malignitäts-Biomarkern (Frühindikatoren) ergänzt, so dass bereits asymptomatische Patienten mit einem hohen Progressionsrisiko von einer Therapie profitieren können (Tabelle 1). Dabei eignet sich als Marker zur Einschätzung des Progressionsrisikos vor allem die freie Leichtketten-Ratio (FLC-Ratio)3. Beispielsweise spricht eine beteiligte/nicht beteiligte FLC-Ratio ≥ 100 bei einem smouldering Multiplen Myelom (SMM) für eine hohe Progressionswahrscheinlichkeit und stellt somit eine Therapie-Indikation dar. Auch bei einer Monoklonalen Gammopahtie unklarer Signifikanz (MGUS) eignet sich die FLC-Ratio zusammen mit der M-Protein-Konzentration und dem M-Protein-Typ zur Einschätzung des Progressionsrisikos und hilft gleichzeitig bei der Festlegung des Nachsorge-Intervalls (siehe Tabelle 3)4.

Aufgrund der aktualisierten Kriterien der IMWG erfolgte eine Überarbeitung der Abklärungsstrategie und der Befundung der betroffenen Parameter.

Empfehlungen

  • Zum Nachweis einer monoklonalen Gammopathie werden aufgrund der hohen Sensitivität und der gleichzeitigen Erfassung der Leichtketten-MGUS die gemeinsame Durchführung der Serumeiweisselektrophorese, Immunfixation und der FLC-Ratio empfohlen. Die isolierte Durchführung der Serumeiweisselektrophorese als Screeningtest gilt heutzutage aufgrund der ungenügenden Sensitivität als obsolet.
  • Bei einer neu diagnostizierten Non-IgM monoklonalen Gammopathie, werden die Bestimmung von Calcium, Kreatinin inkl. Clearance und Hämoglobin zum laborchemischen Ausschluss von Endorganschäden (CRAB-Kriterien) sowie zum Staging gemäss den Guidelines ‹The International Staging System› komplettierend das beta-2 Mikroglobulin und Serum-Albumin empfohlen.
  • Bei IgM monoklonalen Gammopathien gelten andere Kriterien (Anämie, Lymphadenopathie, Hepatosplenomegalie, Hyperviskositäts-Zeichen, Allgemeinsymptome) zur Erfassung von Endorganschäden als die bereits erwähnten CRAB-Kriterien. Folglich wird die Bestimmung des Hämoglobins zum Auschluss einer Anämie komplementierend zu den restlichen Kriterien empfohlen.
  • Bei einer neu diagnostizierten MGUS werden die Risikoeinstufung und Nachsorge gemäss Tabelle 3 empfohlen.

Tabelle 1

Neue Definition Multiples Myelom (Non-IgM)
Histologischer Befund Klonale Plasmazellen (Knochenmark) ≥ 10% oder Biopsie-bestätigtes Plasmozytom der Knochen oder extramedullär
Plus mind. 1 Kriterium
CRAB-Kriterien
  • Hyperkalzämie: Serumkalzium > 0.25 mmol/l oberhalb des oberen Normwertes oder 2.75 mmol/l
  • Niereninsuffizienz: Kreatinin-Clearance < 40 ml pro min oder Serumkreatinin > 177 μmol/l
  • Anämie: > 20g/l unter dem unteren Normwert oder Hb < 100 g/l
  • Knochenläsionen: ≥ 1 Läsion mittels Röntgenaufnahme, CT oder PET-CT
Oder mind. 1 Kriterium
Biomarker Nachweis einer oder mehrerer der folgenden Biomarker:

  • Beteiligte / nicht beteiligte FLC-Ratio ≥ 100 + beteiligte FLC ≥ 100 mg/l
  • Klonale Plasmazellen (Knochenmark) ≥ 60%
  • > 1 fokale Läsion (MRT)

Tabelle 2

Definition MGUS & SMM
MGUS (Non-IgM) M-Protein <30g/L
Klonale Plasmazellen (Knochenmark) <10%
Absenz von CRAB-Kriterien und Biomarkern
Leichtketten MGUS Abnormale FLC-Ratio (<0.26 oder >1.65)
Klonale Plasmazellen (Knochenmark) <10%
Keine monoklonle schweren Ketten (IgG, IgM, IgA, IgD)
Absenz von CRAB-Kriterien und Biomarkern
Smoldering Multiples Myelom (SMM) M-Protein >30 g/L und/oder klonale Plasmazellen (Knochenmark) >10% bis <60%
Absenz von CRAB-Kriterien und Biomarkern
Für IgM anstelle CRAB-Kriterien:
Anämie, Lymphadenopathie, Hepatosplenomegalie, Hyperviskositäts-Zeichen, Allgemeinsymptome

Tabelle 3

MGUS Risikoeinstufung – Risikofaktoren
1. Abnorme FLC-Ratio
2. Serum M-Protein >15 g/l
3. Kein IgG-Typ
Risiko Anzahl Risikofaktoren Progressionsrisiko nach 20 Jahren Empfohlene Verlaufskontrolle
Niedrig 0 2 % Nach 6 Monaten, dann alle 2 – 3 Jahren oder bei Progression
Niedrig bis Mittel 1 10 % Nach 6 Monaten, dann jährlich
Mittel bis Hoch 2 18 % Nach 6 Monaten, dann jährlich
Hoch 3 27 % Nach 6 Monaten, dann jährlich

Auskunft

Dr. med. Marc Mosimann

Dr. phil. nat. Bernhard Mani

Dr. med. Noushin Shayanfar

Dr. sc. nat. Andrea Jaeger

Dr. sc. ETH Ramona Graf

Dr. sc. nat. Viola Günther

Valérie Lutz, MSc

  1. Rajkumar, S.V., et al., International Myeloma Working Group updated criteria for the diagnosis of multiple myeloma. Lancet Oncol, 2014. 15(12): p. e538-48.
  2. Samaras P et al., Current status and updated recommendations for diagnosis and treatment of plasma cell myeloma in Switzerland. Swiss Med Wkly 145:1, 2015.
  3. Kyrtsonis, M.C., et al., Staging systems and prognostic factors as a guide to therapeutic decisions in multiple myeloma. Semin Hematol, 2009. 46(2): p. 110-7.
  4. Kyle, R.A., et al., Monoclonal gammopathy of undetermined significance (MGUS) and smoldering (asymptomatic) multiple myeloma: IMWG consensus perspectives risk factors for progression and guidelines for monitoring and management. Leukemia, 2010. 24(6): p. 1121-7.